geboren 4 Jahre nach Mauerbau, seitdem weitergewachsen, immer in Berlin, Schule, Abitur, Studium, dieses dann aber aufgegeben zugunsten des Gelderwerbs als Taxifahrerin. Schon immer fotografisch interessiert, Praktikum in einem Fotogeschäft, erfolglose Bemühungen um eine Ausbildung zur Fotografin und Abwendung von der Fotografie. Mit dem Einzug der digitalen Technik ein Neustart in diesem Bereich, verschiedene Ausstellungen in Kneipe, Restaurant und Weingeschäft und nun auch in der großen weiten Welt der Bilderfluten. |
André Wülfing: Ganz augenscheinlich schwelgt dein fotografischer Blick mit Inbrunst in Berlin. Wo schwelgt es noch? Wohin würdest du zum Fotografieren gerne einmal reisen? Yvonne Schleicher: Hmm, Skandinaviens Küstenlandschaften, oder auch die von Großbritannien würden mich reizen, genauso wie europäische Großstädte. Aber ich schwelge ja nicht zuletzt deshalb so "inbrünstig" durch Berlin, weil die finanziellen Gelegenheiten hier rauszukommen doch sehr rar sind. Gerne würde ich auch mal auf der inneren Reise weiterkommen, die mich dazu bringt, Menschen zu fotografieren – auch nicht so einfach. Was müsste geschehen, bzw. was würde dich denn auf deiner inneren Reise weiterkommen lassen - dahin, mehr oder häufiger oder überhaupt mal Menschen zu fotografieren? Tja, das frage ich mich auch regelmäßig. Es hat mit Kommunikation zu tun, wortloser Kommunikation, die nebenbei geschieht, die z.B. das Einverständnis des Fotografierten einholt und einen Dialog entstehen läßt... und die bitteschön so sehr nebenbei geschehen sollte, dass ich meine Konzentration beim Werkzeug lasse, also Auge, Kamera und Innenleben. Menschen verunsichern mich einfach zu schnell, andere Motive, schwieriges Licht oder sowas tun dies zwar auch, aber damit kann ich besser umgehen. - Warum ich das öfter mal wollen würde? Es reizt mich einfach. Was fällt dir als Herzblut-Hauptstädterin zum Stichwort "Ruhrgebiet" ein? Schimanski... Und mir fällt ein, dass ich ganz schön wenig drüber weiß. O.K.. Und jetzt mal den Schimanski weg. - Was fällt dir noch ein? Tabu gibt's nicht. Wie heißt der neue Tatort-Kommissar? Nein, Scherz beiseite. Ich weiß wirklich nicht viel darüber. Nordrhein-Westfalen teilt das Schicksal diverser anderer Bundesländer: Die ersten 20 Jahre meines Lebens hieß das Wessiland, und heute muss ich auch noch nachgucken, ob man es mit "ph" schreibt oder mit "f". Ziemlich viele Städte auf einen Haufen, Häuser, Menschen, Industrie, Kohle, Stahl (?)... in der Zeitung steht: strukturschwach, ich nehme das zur Kenntnis, aber weiß nicht richtig was damit anzufangen. Ist das die Arroganz der Hauptstädter? Nein, es ist wohl eher, dass es kaum einen persönlichen Bezug gibt. Wie gerne würdest du fliegen können? Eigentlich habe ich lieber Bodenhaftung, außer manchmal in Träumen, da genieße ich das Fliegen. Was würdest du fliegend fotografieren? Nach unten blickend, oder ... wohin? Da ich so ungeübt im Fliegen bin, würde ich mich erstmal nur an selbigem erfreuen ... Aber das Ruhrgebiet könnte ich ja mal ins Auge fassen ;-) Erinnere dich: Welches war das erste Foto, das du selbst geknippst hast? Ich erinnere mich nicht genau an das erste. Entweder meine Familie an Weihnachten, als ich meine erste Pocketkamera geschenkt bekam, oder die Puppen in meinem Kinderzimmer... schon sehr lange her. Ich besitze diese Fotos noch, weiß nur nicht mehr, welches das erste war. Fotografieren: Kann das eigentlich jeder? Prinzipiell natürlich schon, man muss ja nur auf einen Knopf drücken, der Rest liegt im Anspruch des Betrachters. Gut, prinzipiell. Nehmen wir aber mal an, du würdest auch sonst eher weniger häufig "aus Prinzip" handeln – lautete die Antwort dann anders? Persönlich? Ich mein das schon ernst: Der reine Vorgang des "Ablichtens", das kann jeder. OK, der Rest liegt nicht nur im Anspruch des Betrachters, sondern natürlich auch im Anspruch des Ablichters ... Will man gestalterisch Einfluss nehmen, und wie setzt man das um, so etwas ... Die einen machen es besser, die anderen üben noch. Wenn du von dir sagst, du seiest keine Künstlerin: Warum nicht? Künstlerin klingt so bedeutungsvoll. Ist Kreativität auch immer gleich Kunst? Ob meine Fotografien Kunst sind sollten vielleicht andere beurteilen. Auf jeden Fall steckt viel Herzblut drin :) Das waren vier "Sätze". Du darfst selbst 2x JA verteilen und 2x NEIN. Ich weiß schon, wo du die Jas und Neins hinsetzen würdest (nein, ja, nein, ja), aber ich tu mich schwer damit. Ich kann mich hinstellen und sagen: Ich fotografiere. Ich fotografiere gerne. Ich erfreue mich an den Momenten, an dem Erleben, an dem Betrachten und Entwickeln der Bilder. Ich staune oft über manches, was sie mir beim Betrachten sagen, was ich beim Fotografieren überhaupt nicht bewusst wahrgenommen habe. Ich liebe diese Aufregung des ersten Ansehens der "Ausbeute" nach einem Fotoausflug, und eigentlich mag ich sogar den Frust, der damit manchmal einhergeht, es sind ja viele Aufnahmen auch schlicht Schrott. Ich habe auch das Bedürfnis die Bilder zu zeigen, und bin neugierig auf die Wirkung ... So könnte ich stundenlang weiter fabulieren. Aber mich hinstellen und sagen: Ich bin Künstlerin, ich mache Kunst ... Nee, ick weeß nich ... Vielleicht eher: Ich fotografiere, und manchmal kommt Kunst dabei raus ... Welche Motive würdest du niemals fotografieren? Sag niemals nie ... Bitte: Jeweils ein Beispiel! Danke. Pornografische Fotos würde ich nicht machen. Was ist in der Welt – nachdem du ein Foto "gemacht" hast – das es vorher noch nicht gab? Das Foto :) Und ein Stück Materie gewordene Interpretation meiner Welt. Die Antwort finde ich klasse! - Dennoch, die Steigerung meiner Frage ist so gemein wie unverschämt: Was fehlte der Welt – nachdem du ein Foto "gemacht" hast – das sie nun aber hätte? Das Foto :) Und ein Stück mehr Auseinandersetzung mit dem Leben. |
Yvonne Schleicher - Fotografien Eine Onlineausstellung der Galerie Tellerrand 01. April - 31. Mai 2014 www.yvonneschleicher.de Die in der Ausstellung gezeigten Fotografien stehen zum Verkauf. Anfragen bitte an: info@galerie-tellerrand.de Die Galeristen: André Wülfing, Ulrich Penquitt, Jesse Krauß, Michael Walter Mit Unterstützung durch: |
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